Podcastinterview

Berufswunsch: Architektin, Bauingenieurin oder Königin und heute Positionierunscoach.

Bin ich froh, dass sich Tinas kindlicher Berufswunsch nie erfüllt hat, denn dann hätte ich wohl keine Gelegenheit bekommen, mit ihr sprechen zu dürfen (schließlich kenne ich niemanden im englischen Königshaus ). 

Aber mit den alten Gemäuern lag sie ja von Anfang an sehr richtig.  

Tina fiel es schwer, sich zwischen den Studienrichtungen Bauingenieur und Architekt zu entscheiden. Sie traf ihre Wahl und hatte das Glück, bereits beim ersten Versuch in ihrem Traumjob zu landen. Rückblickend wird klar, dass sie bereits im ersten Job ihre Bestimmung, ihr WARUM lebte. Zumindest so. lange, bis das Leben dazwischenfunkte.

So ist es nun mal: Wir bekommen immer wieder etwas vor die Füße geworfen und dann kommt der spannende Teil:

Wie reagieren wir darauf und welche Erfahrung nehmen wir daraus mit. 

Wir stellen fest, dass es sehr schade ist, dass wir nicht öfter (und vor allem viel schneller) fragen:

Warum will ich das eigentlich wirklich tun?

Tina erzählt von ihrer Arbeit mit vielseitig begabten Menschen, wir reden über rote Fäden im Lebenslauf, dass ein Job auch mal langweilig werden darf und warum wir so viel mehr sind, als eine Berufsbezeichnung. Wir erzählen unsere Geschichte, wie wir zum WARUM-Coaching kamen und wie sehr das unsere gemeinsame Arbeit beeinflusst hat.

Links aus der Folge:

Mehr zu Tina erfährst du hier.

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Das Script zum Interview

Und ich kenne schon ganz viel von deinem Weg und wir kennen uns auch schon ein paar Jahre jetzt. Heute möchte ich noch mal mit dir so einen Blick auf deinen beruflichen Werdegang richten.

Du bist ja gerade an einer anderen Stelle rausgekommen, als du beruflich gestartet bist, würde ich mal so sagen. Oder?

Auf jeden Fall, ja. 

Also wusstest du schon immer, was du werden wolltest?

Nein, also als ganz kleines Kind wollte ich Königin von England werden. Also ich habe mich nicht mit der Prinzessin aufgehalten. Ich wollte Königin werden und hatte dann irgendwie mitgekriegt, in England gibt es eine Königin und deshalb wollte ich Königin von England werden. Mein Vater macht sich heute noch darüber lustig. Ja, nee, aber ernsthaft.

Für mich war es ein riesengroßes Problem, mich zu entscheiden, ob ich Architektur oder Bauwesen studieren soll.
Und ich habe natürlich Bauingenieure gefragt und ich habe Architekten gefragt und die haben mir alle ganz viele Antworten gegeben, die mir nicht weitergeholfen haben, weil keiner nachgefragt hat, warum willst du denn überhaupt Architektur oder Bauwesen studieren.

Ich selber bin auch nicht auf die Idee gekommen, mich selbst zu fragen, warum ich denn das studieren will.
Für mich war klar, diese ganzen alten Häuser müssen ja saniert werden. Die sind toll und wenn ich da nicht gleich mit anfange, dann werden die noch weggerissen.

Ja, ich verstehe.

Ich entschied mich letztendlich dafür, Bauwesen zu studieren, nicht Architektur, aber so viel wie möglich bei den Architekten mitzunehmen und da reinzuschnuppern. Ich habe in Dresden Bauwesen studiert und habe einige Seminare bei den Architekten mitgemacht. Mit dieser Mischung habe ich mich dann sehr wohl gefühlt.

Uns verbindet ganz besonders das WARUM. Ich finde es so schade, dass man nicht von Anfang an fragt,

Warum möchtest du das?

Also ich denke mal, da würden wir ganz oft eine andere Entscheidung treffen auf unserem Weg, wenn wir uns fragen würden, warum will ich das eigentlich machen?

[5:43] Hast du denn jemals alte Häuser umgebaut?

Konntest du deiner Sehnsucht folgen oder die befriedigen?

Ja, auf jeden Fall. Also befriedigen vielleicht nicht, aber folgen. Und zwar habe ich gleich im ersten Semester angefangen, zum Beispiel ganz viel in Quedlinburg zu sein und zu arbeiten.

[6:08] Sowohl mit einem Architekturbüro aus Quedlinburg, als auch in der sogenannten Juba, Jugendarbeits- und Begegnungsstätte. Und da haben wir halt auch an diesen alten Fachwerkhäusern wirklich Hand angelegt.

Es gibt viele alte Häuser in Quedlinburg, oder? 

Da gibt es richtig viel Material, genau. Und das hat mir unfassbar viel Spaß gemacht. Deshalb bin ich während des Studiums auch jedes Jahr wieder hingegangen.

[6:39] Nach meinem Studium bin ich wieder zurück nach Brandenburg und habe dort in einem Architekturbüro gearbeitet, das sich auf Denkmalpflege spezialisiert hat und habe auch eins meiner meiner Wunsch- und Traumhäuser sanieren dürfen, das stand genau gegenüber von von dem Bäcker, bei dem ich und meine Eltern immer unser Brot gekauft haben. Dieses Haus hatte es mir tatsächlich auch schon sehr früh angetan.

Oh, das ist schön. Dann schließt sich ja der Kreis quasi. 

Ja, absolut. Das war großartig.

Also warst du eigentlich auf einem ganz guten Weg von dem, was du dir so gewünscht und vorgestellt hast und  dann kam das Leben dazwischen, richtig?

[8:22] Ja, das kann man so sagen. Ich war völlig begeistert. Meine Arbeit machte als Bauingenieur machte mir sehr viel Spaß und ich habe super lange gearbeitet. Also 14 und 16 Stunden war normal. Ich habe auch quasi neben dem Büro gewohnt.
Und es war wirklich so, dass meine Mutter schon immer an mir hoch und runter gesprungen ist und gesagt hat Kind, du musst doch auch mal leben.

Du kannst doch nicht nur arbeiten. Aber ich habe das überhaupt nicht als schlimm empfunden, weil ich es halt gerne gemacht habe. Dafür war dann aber der Bruch in dem Augenblick, in dem ich schwanger war, für mich ganz, ganz groß. Ich konnte es mir nicht mehr vorstellen.

Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, 14 Stunden zu arbeiten und ein kleines Kind zu haben. Und man muss natürlich keine 14 Stunden arbeiten, nur weil man in der Denkmalpflege arbeiten will. Aber damals war wirklich so in meinem Kopf, nee, dann kann ich nicht mehr so viel arbeiten und dann kann ich das auch nur alles so halbherzig machen. Das geht gar nicht.

Also, so ein bisschen so entweder ganz oder gar nicht.

[9:29] Ich konnte mir diese Arbeit mit Kind nicht mehr vorstellen. Das hat mich traurig gemacht. Auf der einen Seite, ich habe dann auch noch Angebote bekommen, als meine Töchter kleiner waren. Aber so richtig, nee, so richtig irgendwie hat da was gefehlt. Also du bist ja dann ein paar Jahre wirklich ganz auf deine Familie eingegangen, sag ich mal so, und hast dich um deine Familie gekümmert.

Irgendwann kam dann aber wieder der Ruf, du möchtest was tun.

Du möchtest daneben noch was anderes tun und dann hast du das erste Mal schon so einen Richtungswechsel gestartet.

[10:13] Genau, also ich konnte mich noch mal kurz ausleben. Wir haben ein altes Bauernhaus gekauft und das habe ich saniert.
Da konnte ich noch mal mein Wissen und meine Liebe reinfließen lassen. Und dann wollte ich gerne wieder anfangen zu arbeiten und wusste aber halt nicht so richtig, in welche Richtung es gehen könnte.

Ein Freund bot mir ein Job in seiner Firma an, als "Mädchen für alles" und ich dachte: mal sehen, was sich daraus entwickelt. Das Schöne war, dass ich da remote arbeiten konnte. Ich bin also alle 14 Tage nur einen Tag im Büro gewesen. Und ansonsten habe ich von zu Hause aus gearbeitet. Und das passte gut für mich.

[11:02] In diesem Büro habe ich sieben Jahre gearbeitet. Die ersten zwei Jahre war ich wirklich so ein Mädchen für alles und nach zwei Jahren habe ich angefangen IT-Schulungen zu organisieren und zu vermarkten. Und so bin ich in das Marketing reingerutscht.

Vor dem Marketing wollte ich mich immer drücken

Vor dem Marketing wollte ich mich immer ein bisschen drücken, aber wenn man Schulungen nicht vermarktet, dann kann man sie auch nicht verkaufen. Ich musste da sozusagen einfach durch, habe da ganz viel ausprobiert und ganz schnell festgestellt, dass ich, je besser ich die Teilnehmer ausfrage, desto besser kann ich die nächsten Schulungen organisieren.

Das heißt, wenn wir dann Teilnehmer oder Schulungen im Haus hatten, dann war ich halt auch immer im Büro und in den Pausen habe ich mit den Teilnehmern gesprochen, warum sie denn zu uns kommen und hatte da ganz schnell einen guten Draht. Ich habe das Feedback bekommen, dass die Organisation unserer Schulungen sehr gut wäre, weil ich halt auch Kleinigkeiten möglich gemacht habe. Und damit war das für mich greifbar, dann hat es auch richtig Spaß gemacht. 

[12:37] Die ersten Male, wo ich so ins Blaue hinein organisiert und vermarktet habe, ist mir das unheimlich schwer gefallen. In dem Augenblick, in dem ich dann den Kontakt zu den Teilnehmern hatte, war es plötzlich ganz einfach.

Das ist eine interessante Erfahrung, die du da gemacht hast...

Du hast am ziemlich früh deine Berufung gelebt, bist Mutter geworden und hast du diesen Job aus pragmatischen Gründen angenommen, weil die Bedingungen gut mit deiner Mutterrolle passten. Und genau dabei hast du dann ganz viel gelernt für das, was du jetzt machst.  

[13:34] Was ich oft erlebe, dass man den Job, so wie du am Anfang, aus Leidenschaft macht. Ich meine, da hättest du wahrscheinlich auch drin gearbeitet, auch wenn du kein Geld verdient hättest?

In der Denkmalpflege, ja. 

Mir fallen mir auch ganz viele Tätigkeiten ein, die würde ich auch ohne Geld tun. Das ist ja eben genau die Berufung, aber trotzdem müssen wir ja alle leben und wir müssen ja Geld verdienen. Und in dieser Situation, in der du dann halt warst, so eine junge Familie, und du wolltest halt gern unter Menschen, du wolltest Geld verdienen. Doch was du eben auch bekommen hast - und das können wir eben nicht planen - ganz viel Material, quasi ein Sprungbrett für das, was du dann danach brauchtest. In dem Moment erkennt man es noch nicht, das wird erst rückblickend sichtbar.

Wenn du gerade in einem Job steckst, den du nicht magst...

Das möchte ich mitgeben an alle, die zuhören, wenn du jetzt selbst in so einem Job steckst, wo du denkst, das ist jetzt nicht so das Gelbe vom Ei und eigentlich möchte ich das nicht so gerne, dann schau doch mal nochmal genauer dahinter. Was lernst du alles hier oder was könntest du alles noch mitnehmen? Wenn du dich weniger auf deine Abwehr fokussierst, sondern danach Ausschau hältst, was dir für deinen weiteren Weg nützlich sein kann, dann greif zu. Nimm es mit und wenn du später diesen großen Sprung dahin machst, dahin, wo du hinmöchtest, hast du diese Erfahrung schon mal sicher.

Das finde ich so, so wichtig, dass du das jetzt gerade geteilt hast.

[14:46] Es ist tatsächlich auch etwas, was ich meinen Kunden heute mitgebe, natürlich mit anderen Worten. Also ich bin Trainer für Positionierung, das heißt, vierseitige Menschen, die schwer ihre Kräfte bündeln können, die sich schwer festlegen können, weil sie einfach so viele Interessen und so viele Ideen haben. Die sind bei mir genau richtig und denen sage ich halt auch immer so, geh mit einem Produkt raus.

[15:16] Gewinn den ersten oder die ersten zwei Kunden und guck dir die genau an, weil die Positionierung und auch das Produkt, das verändert sich, sobald du den ersten Kunden gewonnen hast und auch deine eigene Idee für dein Business verändert sich nochmal, wenn du den ersten Kunden gewonnen hast. Einfach im Austausch mit dem Kunden.

Selbst wenn du das perfekte Produkt für deinen Kunden hast, du bist so in deiner Blase, dass du oft gar nicht wirklich kommunizieren kannst, warum dein Kunde dieses Produkt kaufen soll oder warum deinem Kunden dieses Produkt total gut hilft. Und dafür brauchst du halt dieses Feedback. Dafür brauchst du den Austausch mit deinem Kunden. Deshalb scheuche ich meine Kunden immer sehr, sehr früh los, auf das sie ihren ersten Kunden gewinnen.

Der Weg entsteht beim Gehen.

[16:24] Daran denke ich auch gerade. Auch wenn man angestellt ist und sich überlegt, man möchte gerne was anderes machen, hilft es schon mal, ins Tun zu kommen. Also das, was du gerade beschrieben hast mit dem Kunden, kannst du auch als Angestellter ja tun, indem du das tust, was du gerne machen möchtest.

Berufswunsch muss nicht zwingend Hobby sein.

Und das musst du ja nicht zwingend, indem du deinen Job kündigst und das dann eben ausschließlich tust, sondern du kannst bei ganz vielen Dingen, kannst du ja klein anfangen. Also wenn Leute sagen, ich wäre gern kreativer, kannst du dem ja nachgehen und trotzdem deinen Job behalten. Du kannst dir einen Malkurs belegen oder anfangen zu singen oder zu schreiben.

Dann wirst du kreativer und dann kannst du halt anfangen und dann merkst du halt, Schreiben liegt mir nicht so. Ich bin eher der Musiktyp oder ich mache eher dies und das oder ich bastel oder was auch immer dann so für Sachen kommen. Und dann kommt der nächste Schritt und dann vielleicht stellst du irgendwas her oder du malst halt ein Bild und dann sprechen dich halt Leute an, dass sie das ganz toll finden und dann ist der nächste Step getan.

Berufung entwickelt sich Stück für Stück.

[17:34] Aber man muss halt über dieses Träumen hinausgehen und dann anfangen. Auch mit dieser Selbstständigkeit, das kann man lange, lange planen, aber man sieht erst, ob es funktioniert, wenn man rausgegangen ist und eben Kunden gewonnen hat. Daran erkennt man: ist das, was ich geben möchte, für irgendjemanden interessant?

Und was genau ist da interessant? Also was sollte ich ausbauen und was nicht? Also das, was du auch gerade beschrieben hast.
Aber noch mal ganz kurz zurück zu deiner Tätigkeit im Marketing. Du warst in dieser Firma, da warst du sieben Jahre.

Irgendwann warst du in dem Job unzufrieden, wie war das genau?

Bist du gleich kopfüber in die Selbständigkeit gesprungen?

Die Firma, die ist sehr stark gewachsen. Und ich hatte dann innerhalb von zwei Jahren zwei unterschiedliche, direkte Vorgesetzte und bei dem zweiten Vorgesetzten, da hat es dann einfach nicht mehr gepasst. Damit hat auch die Arbeit nicht mehr Spaß gemacht.

[18:32] Ich konnte vorher sehr, sehr frei arbeiten und wurde plötzlich ganz heftig kontrolliert auf eine unangenehme und komische Art und Weise. Also eine Kontrolle, die mir keine Sicherheit gegeben mich nicht gefördert hat. Also das war ganz komisch und damit habe ich mich dann super super unwohl gefühlt.

[19:02] Und ich hatte im ersten Augenblick, also als ich dann über Selbstständigkeit nachgedacht habe, überlegt, ich habe jetzt so viel im Marketing und über Remote-Arbeit gelernt, das könnte ich doch den Handwerkern beibringen und zeigen.

Schließlich hatte ich ja immer einen sehr guten Draht zu Handwerkern und habe dann halt die Handwerker, die ich so noch kannte, in meinem Umfeld gefragt, habe denen quasi mein Geschäftsmodell oder meine Geschäftsidee vorgestellt und hab gesagt, hier und da und dort und die waren total begeistert und die fanden das richtig gut und die waren der Meinung so, ja genau das brauche ich, zum Beispiel meine Website, ich habe da nur eine Visitenkarte, die ist mir so peinlich.

[19:49] Ich dachte so, ja, genau, die haben ja nur auf mich gewartet.

Wenn die Kunden keine Zeit für dich haben, ist das ein schlechtes Zeichen. 

Ja, und dann habe ich gesagt, so jetzt geht's los und hatte mir zwei Handwerker rausgesucht, also rausgesucht, hatte zwei Handwerker angesprochen, die meine Probekunden sein sollten und sein wollten. Und dann hatte ich denen das vorgestellt und die fanden das immer noch ganz toll und dann war ich so, komm und jetzt setzen wir uns mal hin für zwei oder drei Stunden und setzen mal um und gucken, was du wirklich brauchst im Detail.

[20:50] Und dann hatten sie plötzlich keine Zeit mehr. Es hat mich unfassbar genervt. Und ich habe das ein Jahr mit den Handwerkern sozusagen durchgehalten und dann habe ich auf Facebook einfach einen Post gemacht, in den ich alles reingeworfen habe, was ich kann und was ich anbieten möchte und habe gesagt:

So hier, ich verschenke dreimal ein Training über 5 oder 6 Stunden, ich wollte von Anfang an klar machen, du musst Zeit investieren, wenn du mit mir zusammenarbeiten willst.

[22:23] Ich hatte mich dann für sechs Leute entschieden. Zwei habe ich ganz, sage ich jetzt mal ganz böse, ganz schnell abgearbeitet, aber die waren damit auch glücklich. Dann hatte ich noch vier, mit denen ich zusammenarbeiten wollte, aber eine davon war eine Texterin und hatte auch wieder keine Zeit. Hatte dann auch dreimal einen Termin verschoben, wo ich dann gesagt habe, okay, außer Spesen nichts gewesen. Dreimal einen Termin verschieben für eine Sache, die ich dir schenke. Du bist raus.

Da fehlt total die Wertschätzung.

Genau, das will ich nicht mehr. Und die anderen drei, mit denen hat das richtig, richtig doll Spaß gemacht und die hatten tatsächlich alle ein Positionierungsproblem. Ich dachte, Positionierung kann ich. Und dann konzentriere ich mich mehr auf die Positionierung.

Mir war sehr, sehr schnell klar, dass ich die vielseitigen, die kreativen Chaoten am meisten mag.

Ich wusste aber nicht, wie ich denen am besten helfen kann. Mir fehlte da das passende Tool. Aber da bist du ja auch ins Spiel gekommen.

Da bin ich ins Spiel gekommen.

Aber kannst du noch mal ganz kurz sagen, bitte, warst du da zu der Zeit schon, hattest du dich da schon von deiner Firma getrennt?

[23:58] Ich hatte, bevor ich mich selbstständig gemacht habe, noch mit einem Freund zusammengearbeitet, der Outdoor-Trainer ist und war. Mit ihm hatte ich Produkte bzw. Angebote und Flyer entwickelt. Mit ihm hatte ich das schon mal durchprobiert, bevor ich mich selbstständig gemacht habe.

Er war dein Probekunde, von dem du im Prinzip gerade gesagt hast, such dir einen Probekunden und dann kannst du starten und das war dein Probekunde sozusagen.

Das war sozusagen mein Probekunde, aber ich wollte das, was ich mit ihm gemacht habe, wollte ich dann eigentlich auch mit den Handwerkern machen und die brauchen es halt auch, aber die sehen es noch nicht.

[25:10] Das ist aber auch wieder so ein spannender Punkt. Ich meine, das bestätigt ja das, was du am Anfang gesagt hast, mit dem Geh raus und probier es aus und such dir deine Kunden. Und wenn du halt merkst, dir macht das total Spaß, möchte aber keiner, dann führt das nirgendwo hin.

Und dann gab es ja nochmal eine Neuausrichtung in deinem Business.

Also mal zur Erklärung. Ich habe ein Buch gelesen, das von Simon Sinek, und da geht es um das Warum. Und ich war total begeistert und habe Tina davon erzählt und wollte unbedingt, dass wir zusammen unser Warum rausarbeiten. Tina war erst mal mäßig begeistert, aber kannst du gerne noch was erzählen?

Ich war davon überzeugt, dass einem das Warum in den Schoß fällt und dann ist man glücklich oder auch nicht. Ich dachte nicht, dass man das finden könnte oder sich erarbeiten könnte.

Aber ich konnte dich ja Gottseidank überzeugen. 

Ja.

[26:30] Erstmal habe ich dich einfach mal überredet, das mit mir zu tun und...

Als du dann gesehen hast, wie happy mich das gemacht hat, wolltest du dann auch.

[26:43] Das ist so ein bisschen wie in der Szene von Harry und Sally: Ich nehme genau dasselbe wie die Frau an dem Tisch da gegenüber... 

Absolut.

[26:56] Ja. Ich war fasziniert, wie genau ein Satz dich beschreiben kann, und wie das zu dir passt.

[27:22] Und ich muss gestehen, ich war auch ganz entgeistert, dass du gesagt hast, das musst du dir aufschreiben, das klebst du dir an dein Laptop, weil ich dachte so, das wirst du doch nie wieder vergessen. Das bist doch so 100 Prozent du, das wirst du doch nicht wieder vergessen, das brauchst du dir doch nicht irgendwo hinschreiben.

Es ist vielmehr eine Erinnerung im Alltag - ein Innehalten, ob man noch auf dem eigenen Weg ist.

Ich hatte das bestimmt ein Jahr lang, an meinem Laptop kleben und ich musste immer grinsen, wenn ich auf diesen Satz geguckt habe. Das hat immer gleich wieder ein total schönes Gefühl gemacht bei mir.

Wenn man sich auf etwas Unbekanntes einlässt und dabei findet, was man nicht gesucht hat.

Ja, und du hattest mich ja dazu überredet oder davon überzeugt, dass wir das mit dir machen und dann im Gegenzug ja wollte ich das, was die Frau da drüben hatte, auch haben. Und was ich dann auch gespürt hatte, war halt, dass man so seine Kräfte fokussiert und dieser rote Faden, den wir da gefunden hatten, sowohl bei dir als auch bei mir, den hatte ich dann gleich so als das Tool identifiziert, das mir doch gefehlt hat bei meinen Vielseitigen.

[28:34] Und ich habe seitdem wirklich das Gefühl, mit dem Warum-Workshop, mit diesem roten Faden, da finde ich bei jedem, egal wie vielseitig sie sind, auch den roten Faden. Weil gerade die Vielseitigen, die sagen, also bei mir, ich bin anders, bei mir funktioniert das so nicht.

Diese Grundmotivation, die hat jeder, die findest du bei jedem und die kannst du auch bei jedem formulieren und die ist bei jedem anders. Wie du diese Grundmotivation auslebst, da kannst du deine ganze Vielseitigkeit dann rausbringen. Ob du Bücher schreibst, Bilder malst oder ob du dich in einen Keller einschließt und Akten sortierst, das ist völlig Wurscht.

Du hast ja im Prinzip mit dem Beginn deiner beruflichen Karriere schon dein Warum gelebt, ohne dass du es wusstest. In deinem Satz kommt drin vor, wenn ich mich recht erinnere, dass du Altes wieder neu aufbereitest, so dass es wieder mit Freude genutzt werden kann. 

[29:50] Siehst du, ich vergesse noch nicht mal deinen Berufsumsatz, und das ist schon ein paar Jahre her.

Also das hast du ja gemacht mit diesen alten Gebäuden, du hast es gemacht und du wusstest es nicht und du hast es aber später auch wieder gemacht, selbst in deiner Firma hast du es gemacht, du machst es jetzt wieder mit deinen Kundinnen.
Und wir müssen nicht immer in diesen Schubladen, wie Berufsbezeichnungen denken. 

Manchmal klappt der eine Weg nicht, aber dafür klappt ein anderer.

Und man nimmt wieder sehr viele Erfahrungen mit für diesen Weg und man kann trotzdem seine Berufung leben, weil man seiner eigenen Essenz, seinen Werten und seinen Vorstellungen, seiner Bestimmung einfach folgt.

Und das heißt nicht auf einen Beruf beschränkt, sondern das geht eher darum, wie fühle ich mich, wenn ich das tue?

Auf jeden Fall. Und nicht nur, weil es nicht klappt, es darf auch langweilig werden. Ich finde, es darf auch einfach ein Beruf oder eine Tätigkeit langweilig werden.

Und dann macht man was Neues oder was anderes. 

Manchmal ändern sich ja auch die Werte.

Genau, auf jeden Fall.

Gerade wenn man zum Beispiel eine Familie gründet, dann sind halt andere Dinge wichtig, wie damals bei dir eben, dass du von zu Hause arbeiten wolltest und nicht mehr 14 Stunden irgendwo außer Haus sein. 

Ja, ja.

[31:11] Was würdest du denn sagen, wenn jemand langweilig wird oder wenn man merkt, das ist jetzt überhaupt nicht mehr meins, ich will das eigentlich nicht, mich zieht es irgendwo anders hin und was mache ich als nächstes?

Wie finde ich das raus, was ich will? Oder vielleicht weiß ich schon, was ich will.

Ja, ich glaube, die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, die wissen immer sehr, sehr schnell, was sie denn noch machen könnten. Ab und zu haben sie Angst, dass ihr Umfeld ihnen sozusagen auf die Finger haut und sagt, du kannst doch nicht schon wieder wechseln.

[31:51] Und manchmal haben sie auch einfach Angst, dass sie dann unglaubwürdig wirken.

Wenn du das ehrlich kommunizierst und wenn du da auch deinen eigenen roten Faden zeigst, dann wird dir das auch verziehen. Also dann versteht dein Gegenüber dich und dann ist alles in Ordnung. Menschen reagieren nur ablehnend, wenn sie dich nicht verstehen.

Wenn du versuchst, irgendwas zu verheimlichen.

Das passiert mir leider auch ganz, ganz oft, dass die Vierseitigen, die zu mir kommen, sagen: ich will das und das und das, mache ich total gerne, aber ich überlege gerade, womit ich rausgehe, Das andere, also nee, damit will ich gar nicht rausgehen, sonst wirke ich ja so unglaubwürdig.

Und dieses Verheimlichen von Leidenschaft, das spürt man. Das spürt man auch im Internet, egal wie weit der andere entfernt ist. Das spürt man und dann wird man unglaubwürdig und dann vertrauen die anderen dir nicht. 

[33:34] Ich stelle mir das jetzt gerade so vor, wie wenn ich von mir selber immer wieder was zurückhalte, was eigentlich in mir brodelt und lodert, dann ist es ja, als wenn du Druck auf dem Kessel hast, ja, und du hältst halt den Deckel runter und willst es halt nicht nach draußen tragen, weil du aus welchen Gründen auch immer Angst hast, was dein Umfeld dazu sagt, aber trotzdem wird im Topf, im Kessel, der Druck immer größer, je länger du das zurückhältst.

Dabei verpufft sehr viel Energie

Ja, damit, wenn man die eigene Natur unterdrückt und immer bei sich behält und damit nicht rausgeht. Und klar, es kann passieren, dass Leute komisch gucken oder dass nicht so schöne Kommentare kommen, die man nicht hören will, wenn man sich so zeigt.

[34:27] Ich habe noch nie erlebt, dass es nach hinten losgegangen ist, wenn ich jetzt so zurückdenke. Also bei mir selber nicht und auch bei meinen Kunden nicht, dass irgendjemand gesagt hätte, langfristig ist es irgendwie in die falsche Richtung gelaufen, sondern 99 Prozent der Menschen und mich selbst eingeschlossen, wir waren immer wieder erstaunt, wie viel leichter und schöner das Leben ist, wenn man klar kommuniziert, was man gerne möchte, was man sich wünscht und was man wirklich für Leidenschaften hat.

Oft kommt von außen: ist ja klar, dass du das magst, ist doch voll dein Ding. Und dann denkt man sich so, äh, woher wusstest du das? Ich hab's doch immer unterdrückt, aber trotzdem geht's halt nach draußen anscheinend.

[35:07] Oder ein anderes Mal gehst du damit raus und dann ist jemand ganz verblüfft und dann kommt so: oh, danach habe ich schon lange gesucht oder ich kenne jemanden, der genau das will. Und dann gehen da plötzlich Türen auf, die du nie gesehen hättest, wenn du damit nicht rausgegangen wärst.

Also eigentlich ist es nur positiv.

Wie kann man die Leute ermutigen, das zu machen, außer darüber zu reden, dass es positiv ist?

[35:38] Ich versuche tatsächlich meinen Kunden immer wieder bewusst zu machen, dass die Vielseitigkeit eine absolute Stärke ist, die absolute Superpower.  Wir Vielseitigen sind Verbinder, zwischen Abteilungen, zwischen Ideen und wir sind auch diejenigen, die vorangehen. Wir können uns auch gar nicht zurückhalten, den ersten Schritt zu machen, dort wo andere sagen, bist du dir sicher, dass das geht?

Ich glaube, dass gerade in unserer heutigen Zeit dieses Vorangehen, dieses Ausprobieren und auch dieses Verbinden von unterschiedlichen Branchen und von unterschiedlichen Ideen und von unterschiedlichen Themen Gold wert ist.

Ja, mein Gott, wir gehen manchmal natürlich auch voraus, um dann festzustellen, Mist, war eine Sackgasse.
Gehen wir halt wieder zurück, haben wir was gelernt.

[37:05] Dann kann man einen Haken dran machen und muss nie wieder fragen, was wäre gewesen, wenn.

Das ist ja für mich so die schlimmste Frage.

[37:15] Wo wir Vielseitigen vielleicht aufpassen müssen, dass wir unsere Selbstwirksamkeit mehr wertschätzen.

Wir fangen natürlich auch viele Sachen an, die wir nicht zu Ende bringen, weil wir abgelenkt werden. Also das erfahre ich. Also ich weiß gar nicht, ob das bei dir auch so ist. Ich weiß, dass es bei mir so ist. Ich weiß, dass es bei vielen meiner Kunden so ist. Selbstwirksamkeit, die spüren wir ja erst, wenn wir Sachen zu Ende bringen und wenn wir ein Häkchen machen können.

Und dann müssen wir halt die Projekte ein bisschen kleiner fassen, damit wir schneller sozusagen das Häkchen machen können. Und damit haben tatsächlich die Menschen, die zu mir kommen, oft so ein Problem, dass sie sagen so, ich kriege ja sowieso nichts oder wenig auf die Reihe. Das ist was, was mich immer ganz wuschig macht.

Ich kenne diesen Satz natürlich auch:

Bring doch endlich mal was zu Ende.

Der Satz meiner Kindheit, würde ich sagen.

Das hat mich immer total unter Druck gesetzt und ich weiß, viele Menschen, die so ticken wie wir, ebenfalls. Eben weil sie diesen Satz so oft gehört und sich so minderwertig gefühlt haben, weil sie eben nichts zu Ende bringen. Und im Erwachsenenleben quälen wir uns bis ans Ende zu dem sie eigentlich gar nicht wirklich wollen.

Das geht eben auch total in die andere Richtung. Ich habe das angefangen, also muss ich das zu Ende machen. Und das begegnet mir persönlich immer mehr, dass Menschen etwas immer noch machen, einfach weil sie es mal angefangen haben.

Ich muss also weitermachen. Ich kann ja nichts anderes. Sorry, aber das ist Blödsinn.

Ganz ehrlich. Ganz kurz auf den Punkt gebracht, ja. Ja, also wirklich, da werde ich richtig emotional, merke ich.

Wir können alle doch viel mehr, als das, was wir in unserem Job tun.

Wir sind so vielfältig, so vielseitig und es gibt so viele Dinge und das ist genau der Punkt, es auszuprobieren, rauszugehen und immer wieder neue Sachen zu lernen und der eigenen Intuition zu folgen.

[39:26] Etwas auszuprobieren und dann eben wieder zurückzukommen und zu sehen, okay, möchte ich das weitermachen oder nicht?

Aber ich verstehe auf der anderen Seite auch das, was du mit der Selbstwirksamkeit meinst. Auch das kenne ich von mir selbst, wenn ich Dinge anfange, viel zu schnell aufhöre oder aufschiebe, obwohl ich es doch eigentlich will. Ich bin so ein typischer Prokrastinierer, je kürzer die Deadline, desto besser werde ich dann.

Aber einfach auch zu akzeptieren, okay, so ticke ich und das ist halt so, also auch das ist authentisch. Das einfach zuzulassen, dass es eben so ist. 

Ja, nicht nur zuzulassen, dass das eben so ist, sondern mal gucken, welche Vorteile hat das.

Alles hat Vorteile, wir würden es nicht machen, wenn es keine Vorteile für uns hätte.

[40:11] Ja, alles ist auch gut.  Und das ist halt genau das, worum es in meinem WARUM geht, um die Harmonie. Ich bin so ein typischer Verbinder von Gegensätzen. Ich schaue immer, wo ist die Mitte, so dass es für beide Seiten passt?

Wo ist die Harmonie von jedem? Und ja, du kannst nur für dich entscheiden, wo deine Balance ist, deine Harmonie ist.
Also in Sachen Selbstwirksamkeit oder neue kreative Projekte immer wieder ausprobieren und finde da deinen Pfad da durch.

Da gibt es kein Falsch oder Richtig. Da kann man immer nur selber gucken, was passt für mich und was fühlt sich für mich gut an und fühlt sich das jetzt noch für mich gut an. Vielleicht hat es sich ja gestern gut angefühlt, aber heute nicht mehr. Und dann habe ich auch die Chance, immer wieder zu ändern.

Meine Meinung, mein Beruf, meine Hobbys, meine Einstellung, meine Werte, was auch immer ich ändern möchte, kann ich ändern. Aber ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass sich das Warum nicht ändert.

Es gibt nur ein WARUM

Ich bin auch der Meinung, dass sich das Warum nicht ändert und was mir dabei auch noch einfällt, dass es nicht nur einen Berufungswarum und ein Hobbywarum und ein Familienwarum gibt, sondern das Warum ist das Warum.

Also das ist die Essenz eines Lebens, finde ich. Also das, was man so unter Bestimmung zusammenfasst, wo diese Worte Bestimmung und Berufung und so ausgenuddelt sind, aber das fasst es trotzdem ganz gut zusammen. das ist der Grund, warum du und ich hier sind, warum wir da sind auf der Welt.

Und das ist der rote Faden, der sich durchs Leben zieht.

[42:52] Ich finde auch, dass das Warum eher ein Gefühl ist, als nur dieser eine Satz, der da steht. Dieses; wie fühle ich mich hier im Leben, also wie schaue ich auf die Welt und wie schaut die Welt auf mich?

Das ist vielleicht genau das, was du gesagt hast mit dem Verstehen, dass die anderen auch verstehen, wie ich ticke und das kann man mit dem Warum eben auch noch außen tragen, weil man sich selbst sicher ist.

Möchtest du noch etwas hinzufügen? Fällt dir noch was ein? Hast du noch was auf dem Herzen, was du gerne loswerden möchtest, was ich dich nicht gefragt habe oder worüber wir noch nicht geredet haben?

Nein. Ich danke dir für deine Fragen. Ich danke dir für deine Zeit und die Einladung.

Ich bedanke mich auch ganz toll. War wieder super schön mit dir zu reden. Spannend, wo wir rausgekommen sind.

Mach's gut und bis zum nächsten Mal wieder.

Links aus der Folge:

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Meine Lieblingsszene im Film "Liebe braucht keine Ferien" ist der Moment, in dem Jack Black Kate Winslet die Melodie vorspielt, die er für sie komponiert hat und ihr mit funkelnden Augen offenbart: "Für dich habe ich nur die guten Noten verwendet". 

Genauso schreibe ich meine Entfalterpost 🥰

Mögest du das Licht in dir selbst wiederfinden, damit deine Welt und die um dich herum mehr und mehr erstrahlen kann.

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